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26. November 2018 – UBS Wochenkommentar Rück-/Ausblick

Das Rezessionsgespenst geht um

Haben Sie es schon gehört, das «R»-Wort macht wieder die Runde. Mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse ist das auch kein Wunder. Beispielsweise ging das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach ersten Schätzungen im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent zurück. Zudem ist der Handelskonflikt zwischen den USA und China längst nicht beigelegt. Auf einem jüngsten Meeting der Welthandelsorganisation beschuldigten sich die beiden Weltmächte gegenseitig der Heuchelei in Bezug auf den Zollstreit. Und auch die Auseinandersetzung der EU mit Italien sowie die ungeklärte Brexit-Situation könnten durchaus das Potenzial haben, die Weltwirtschaft in Richtung Rezession zu drücken. Einer Umfrage von Thomson Reuters zufolge unter 70 Ökonomen ist die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit eines Abschwungs in den kommenden zwei Jahren von 30 Prozent im Oktober auf aktuell 35 Prozent gestiegen.

Bären vs. Bullen

Damit stellt sich für Anleger die Frage: Ist das Ende der 2009 eingeläuteten Börsenhausse nun gekommen? Eines steht fest, die Bären sind derzeit klar überlegen. Allein in den vergangenen zwei Wochen tauchte der SMI um rund fünf Prozent ab. Die Technologieaktien, gemessen am Nasdaq 100, gaben um mehr als acht Prozent nach. Prominente Titel wie Amazon, Apple oder Netflix verbuchten während der jüngsten Marktturbulenzen sogar prozentual zweistellige Verluste. Da sich allerdings die Entwicklung disruptiver Technologien fortsetzen sollte, könnten sich auf dem reduzierten Bewertungsniveau allmählich Kaufgelegenheiten auftun. Ob die Tech-Titel ihren absoluten Tiefststand bereits gefunden haben, ist selbstverständlich nicht vorherzusehen, das Chance-Risiko-Verhältnis ist aber in jedem Fall nun günstiger. Eine diversifizierte Anlage in dem Sektor würde der ETT (Symbol: ETINFU) auf den Standard & Poor’s 500 Information Technology Index ermöglichen.

UBS CIO WM sieht mit Blick auf die erwarteten Unternehmensergebnisse in 2019 nicht nur in den USA Chancen, die Experten verweisen auch darauf, dass die Aktienbewertungen im Vergleich zu hochgradigen Anleihen zudem in den Schwellenländern und Europa relativ attraktiv erscheinen. So werden Emerging-Markets-Aktien derzeit mit dem rund 11-fachen der prognostizierten Gewinne gehandelt, was deutlich unter ihrem 30-jährigen Durchschnitt von 13 liegt. In der Eurozone zeigt sich mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 13 im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt von 14 ein ähnliches Bild.

Das «schwarze Gold» im freien Fall

Nicht nur die Aktienkurse fahren derzeit rückwärts, auch die Rohstoffpreise haben sich zuletzt deutlich verbilligt – allen voran Öl. Ein Fass der Sorte Brent markierte in der vergangenen Woche ein neues Jahrestief bei 60,36 US-Dollar. Ausgelöst wurde der Preissturz neben zunehmenden Sorgen um die Weltwirtschaft auch von den unerwarteten Verkaufszugeständnissen an den Iran durch die USA. Wer den tiefen Fall von knapp 30 Prozent seit dem 3. Oktober als Überreaktion der Märkte wertet, für den könnte sich eine taktische Kaufgelegenheit beim «schwarzen Gold» ergeben. Eine 1:1-Partizipation erlaubt zum Beispiel der ETC auf den UBS Bloomberg CMCI Brent Crude Oil USD TR Index (Symbol: TCOCI).

Delle im Konjunkturzyklus

Die vielerorts geschürten Abschwung-Ängste könnten zu weit gegriffen sein. Eine baldige globale Rezession ist allein schon aufgrund der starken wirtschaftlichen Lage in den USA fraglich. Der IWF geht für dieses von einem Wachstum von 2,9 Prozent aus, 2019 soll das BIP immerhin noch um 2,5 Prozent expandieren. Ebenso ist in China und Europa nicht schlagartig alles negativ. So hat beispielsweise die italienische Regierung vergangene Woche beschwichtigende Signale in Richtung Brüssel ausgesandt. Man suche keinen Konflikt mit der Europäischen Union, sagt Vize-Regierungschef Matteo Salvini im italienischen Fernsehen. Auch wenn sich die Wachstumsdynamik aufgrund der zahlreichen Brandherde rund um den Globus etwas abschwächen könnte, bedeutet das noch lange nicht, dass eine Rezession vor der Tür steht. Denkbarer ist, dass es sich bei den aktuellen Entwicklungen um eine Delle im Konjunkturzyklus handelt.

Wirtschaftliche Entwicklungen im Fokus

Wie es um die Konjunktur bestellt ist und ob das «R»-Wort tatsächlich seine Berechtigung hat, darüber geben zahlreiche Termine in der laufenden Woche Aufschluss. Am 28. November werden die BIP-Zahlen in den USA veröffentlicht, einen Tag später folgen die Werte aus der Schweiz. Am Freitag bekommen Anleger dann noch Einblick in die Verfassung der Emerging Markets, mit Brasilien und Indien veröffentlichen zwei der wichtigsten Nationen der Schwellenländer ihre Daten zum Wirtschaftswachstum. Hinzu kommen noch jede Menge Frühindikatoren. Unter anderem steht am Montag der ifo-Geschäftsklimaindex in Deutschland auf der Agenda, am Mittwoch werden der ZEW-Erwartungen in der Schweiz publiziert und am Freitag, der Chicago Einkaufsmanagerindex in den USA. Ausreichend volkswirtschaftliche Termine also, um Licht ins Dunkel zu bekommen.

Wichtige volkswirtschaftliche Termine

26.11.2018 DE Ifo Geschäftsklimaindex Deutschland
27.11.2018 US Immobilienpreisindex
28.11.2018 CH ZEW Umfrage Konjunkturerwartungen
28.11.2018 DE GfK Verbrauchervertrauen
28.11.2018 US BIP 3. Quartal
29.11.2018 JP Einzelhandelsumsätze
29.11.2018 CH BIP 3. Quartal
29.11.2018 EZ Wirtschaftliches Vertrauen
29.11.2018 EZ Geschäftsklimaindex
29.11.2018 US Veröffentlichung FOMC Protokolle
30.11.2018 JP Verbraucherpreisindex
30.11.2018 UK GfK Verbrauchervertrauen
30.11.2018 CH KOF Leitinidkator
30.11.2018 EZ Verbraucherpreisindex
30.11.2018 US Chicago Einkaufsmanagerindex
30.11.2018 BR BIP 3. Quartal
30.11.2018 IN BIP 3. Quartal

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