Die Welt blickt nach Übersee
07. Juli 2025
Die Welt blickt nach Übersee
Geopolitische Konflikte, Konjunkturunsicherheiten sowie handelspolitische Zuspitzungen prallen an den Märkten derzeit scheinbar spurlos ab. Kommen dann noch besser als erwartete Arbeitsmarktzahlen in den USA hinzu, ist es fast unnötig zu erwähnen, dass die Wall Street diese Daten mit neuen Rekordhochs quittiert hat. Die Erwartungen für den Juli lagen im Durchschnitt bei 110`000 neuen Stellen sowie einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 4.2 auf 4.3 Prozent. Doch damit waren die Ökonomen deutlich zu pessimistisch, es wurden ganze 147‘000 Jobs geschaffen und die Arbeitslosenquote sank auf 4.1 Prozent. Der Nasdaq 100 markierte daraufhin eine frische Bestmarke bei 22‘896 Punkten, der S&P 500 bei 6‘284 Punkten. Damit ergibt sich für beide Indizes ein Anstieg von 8.8 respektive 6.7 Prozent in diesem Jahr.* (Quelle: Reuters, Medienbericht, 03.07.2025)
Zollkrimi geht in die nächste Phase
In der neuen Woche könnten die Schwankungen aber wieder etwas zunehmen. Am Mittwoch, 9. Juli, endet der 90-tägige Aufschub der von US-Präsident Donald Trump im April verkündeten Zölle. Bereits kurz zuvor spitzt sich die Lage in einigen Ländern zu. So hat Trump Zweifel an einem möglichen Abkommen mit Japan geschürt und zugleich angedeutet, Zölle von 30 oder 35 Prozent auf Importe aus dem Land der aufgehenden Sonne zu erheben. Das wäre deutlich mehr als die 24 Prozent, die am 2. April angekündigt wurden. Auch die Eurozone und die Schweiz haben noch keinen „Deal“ mit den USA in trockenen Tüchern. Aus dem heimischen Wirtschaftsministerium heisst es: „Die Schweiz verhandelt in gutem Glauben mit der US-Regierung und strebt ein positives Ergebnis an.“ Auch die EZB-Präsidentin Christine Lagarde blickt den anstehenden Entscheidungen mit Sorge entgegen: „Das ist auf jeden Fall eine der Hauptquellen für Unsicherheit.“ Unterhändlern der Europäischen Union zufolge ist es bislang nicht gelungen, einen Durchbruch in den Verhandlungen zu erreichen. Länder, die sich einer Politik der BRICS-Staaten anschliessen, die sich nach Ansicht von Trump gegen die USA richtet, sollen gar mit zusätzlichen Zöllen von zehn Prozent belegt werden. Nach Worten von Finanzminister Scott Bessent treten bei allen Ländern die Einfuhrzölle am 1. August in Kraft, sollte es vorher keine einvernehmliche Lösung geben. (Quellen: Reuters, Medienberichte, 03./04./05./06.07.2025)
Für den Fall, dass sich das Zoll-Karussell, wie schon im April zwischen den USA und China zu beobachten war, nach dem 9. Juli wieder nach oben dreht, könnte es auch für die USA beunruhigend werden. Zumal das zuletzt umstrittene Steuer- und Ausgabengesetz „One Big Beautiful Bill“, das Trump in der vergangenen Woche unterzeichnet hat, das Vertrauen der Investoren nicht unbedingt erhöht hat. Im Zuge der neuen Bestimmung dürfte die Staatsverschuldung nämlich deutlich zunehmen. (Quelle: Reuters, Medienbericht, 04.07.2025)
Überdurchschnittliche Gewinnrevisionen
Selbst wenn das neue Steuer- und Ausgabengesetz den US-Unternehmen entgegenkommen dürfte, gibt es kurzfristig von Analystenseite Bedenken angesichts der Inflation und Zoll-Entwicklungen. So wurden die Gewinnschätzungen für die S&P 500-Unternehmen für das zweite Quartal stärker als üblich gesenkt. Die Prognosen für das abgelaufene Vierteljahr reduzierten sich zwischen dem 31. März und dem 30. Juni um 4.2 Prozent. In den vergangenen fünf Jahren betrug der durchschnittliche Rückgang drei Prozent, auf Sicht von zehn Jahren 3.1 Prozent. Auf Sektor-Ebene verzeichnete die Energie-Branche die höchsten Revisionen, während der Bereich „Kommunikationsdienste“ mit unveränderten Schätzungen in die Berichtssaison startet. (Quelle: FactSet, Earnings Insight, 03.07.2025)
Kaum neue Impulse
In der laufenden Woche sind neue Zahlen aus den Unternehmen wie auch von konjunktureller Seite rar gesät. Auf grössere Beachtung könnten lediglich zur Wochenmitte die Protokolle der vergangenen Fed-Sitzung stossen. Allerdings dürften die zuletzt überraschend starken Arbeitsmarktdaten die Hoffnung auf eine Zinssenkung im Juli weiter schwinden lassen. Ökonomen gehen nun von einer ersten Senkung im September aus. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch mehr Klarheit über die Zölle und deren Auswirkungen auf die Inflationsrate herrschen. Während die US-Währungshüter das nächste Mal am 31. Juli zusammenkommen werden, tagt die australische Notenbank bereits in dieser Woche. Die Mehrheit der Experten rechnet damit, dass die Reserve Bank of Australia ihren Leitzins am 8. Juli um 25 Basispunkte auf 3.60 Prozent senken wird. Der Fokus sollte dabei auf dem Binnenwachstum und den Inflationsaussichten in einem turbulenten Weltumfeld liegen. (Quelle: Reuters, Medienbericht, 04.07.2025)
Veränderung der Gewinnschätzungen der S&P 500-Sektoren im zweiten Quartal

Stand: 07.07.2025; Quelle: FactSet
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Wirtschaftstermine
Datum |
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GB |
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CH |
EMS-Chemie Quartalszahlen |
Stand: 04.07.2025; Quelle: Reuters
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