11. März 2019 – UBS Wochenkommentar Rück-/Ausblick
Es geht Schlag auf Schlag
In der vergangenen Woche stand Frankfurt im Mittelpunkt des europäischen Börsengeschehens. Dort reagierte die EZB auf die jüngste Konjunkturabkühlung und schickte den Euro zunächst auf Talfahrt. Ab morgen gehen die Blicke in Richtung London. Das britische Parlament stimmt erneut über den Austritt aus der EU ab. Sowohl für die Währungs- als auch die Aktienmärkte bergen die Resultate Brisanz.
Vor ziemlich genau vier Jahren hat Mario Draghi das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt eröffnet. Im Eingangsbauwerk zu Füssen der beiden 165 und 185 Meter hohen Bürotürme tritt der EZB-Präsident seither nach geldpolitischen Sitzungen vor die Presse. Am vergangenen Donnerstag, 7. März nahm sich Italiener knapp eine Stunde Zeit, um die jüngste Beschlusslage zu erläutern. „Die schwächeren Wirtschaftsdaten weisen auf eine beträchtliche Verlangsamung des wirtschaftlichen Aufschwungs hin“, brachte Draghi das Umfeld auf den Punkt. Folgerichtig haben die EZB-Ökonomen ihre Wachstumsprognose nach unten revidiert (siehe Grafik).
Die Zentralbank reagierte mit mehreren Massnahmen auf die makroökonomischen Bremsspuren. Dazu zählt unter anderem eine moderate Verschiebung der so genannten Forward Guidance: Die Zinsen im Euroraum sollen nun bis mindestens Ende Jahr nicht erhöht werden. Zuvor hatte der EZB-Rat das nur bis über den Sommer hinaus in Aussicht gestellt. Gleichzeitig kündigte Draghi ein neues „TLTRO“-Programm an (TLTRO steht für «Targeted longer-term refinancing operations»). Dabei handelt es sich um vierteljährliche Refinanzierungsgeschäfte für Banken. Sie sollen ab September mit dem Ziel ausgeben werden, die günstigen Kreditvergabekonditionen aufrecht zu erhalten. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 07.03.2019)
Eine optimistische Euro-Prognose
Der Euro reagierte prompt und gab am 7. März gegenüber dem US-Dollar um 1% nach.1 UBS CIO GWM hält das Potenzial für eine weitere Abwertung der Einheitswährung für begrenzt. Nach Ansicht der Experten waren die geldpolitischen Änderungen nicht so dramatisch, wie die Presseschlagzeilen unterstellen könnten. Als einzige kleine Überraschung wertet CIO GWM den frühen Zeitpunkt der Ankündigung des TLTRO-Programms. Das Chief Investment Office bleibt bei seiner positiven Prognose für den Euro: Auf Sicht von sechs Monaten liegt das Kursziel für das Währungsgespann EUR/USD bei 1.15 US-Dollar, während die Notierung in einem Jahr bei 1.20 Dollar stehen könnte. Dieses Szenario gilt sowohl für den Fall einer konjunkturellen Erholung als auch bei einem stärkeren Abschwung. Sollte das Risikoszenario wahr werden, hätte die US-Notenbank Spielraum für Zinssenkungen. Dagegen wäre die Munition der EZB für eine weitere geldpolitische Lockerung begrenzt. (Quelle: UBS CIO GWM, Thought of the day: „The potential for further euro weakness appears limited“, 08.03.2019)
Bereits am Tag nach der EZB-Sitzung drehte der Euro nach oben.1) Für Schwung sorgte der Arbeitsmarktbericht aus den USA. Dort sind im Februar ausserhalb der Landwirtschaft lediglich 20’000 neue Stellen entstanden. Analysten hatten im Schnitt mit 180’000 zusätzlichen Jobs gerechnet. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 08.03.2019) Jetzt warten die Märkte gespannt darauf, ob und wie die US-Notenbank auf dieses Zeichen der konjunkturellen Abkühlung reagiert. Am 19. und 20. März kommt der Fed-Offenmarktausschuss zu seiner nächsten Sitzung zusammen.
Ein weiterer Brexit-Showdown
Bevor der Blick in der kommenden Woche in Richtung Washington geht, rückt London in den Fokus. Am morgigen Dienstag stimmt das Parlament erneut über den von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag ab. Sollte der Deal abermals durchfallen, könnte es am Mittwoch zu einem weiteren Votum kommen. Die Parlamentarier dürften dann darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU am 29. März ohne eine Vereinbarung über die künftigen Beziehungen verlässt. Es wird allgemein erwartet, dass sich die Mehrheit gegen eine chaotische Scheidung aussprechen würde. In diesem Fall dürfte wohl am Donnerstag die Abstimmung über eine Verschiebung des Brexits erfolgen. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 09.03.2019)
Wachstumsprognose der Europäischen Zentralbank für das Euro-Währungsgebiet
(Entwicklung Bruttoinlandsprodukt in % gegenüber Vorjahr)
Stand: 07.03.2019; Quelle: Europäische Zentralbank
¹) Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Unternehmens- und Konjunkturtermine
Datum | Uhrzeit | Land | Ereignis |
12.03.2019 | 07:00 | CH | Geberit Jahreszahlen |
14.03.2019 | k.A. | CH | Swatch Bilanz 2018 |
14.03.2019 | 07:00 | DE | RWE Jahreszahlen |
14.03.2019 | 07:30 | DE | Lufthansa Jahreszahlen |
14.03.2019 | 08:30 | CH | Produzenten-/Importpreise |
14.03.2019 | 13:30 | US | Detailhandelsumsätze Februar 2019 |
15.03.2019 | 11:00 | EZ | Konsumentenpreise Februar 2019 |
15.03.2019 | 14:15 | US | Industrieproduktion Februar 2019 |
Stand: 11.03.2019; Quelle: Thomson Reuters
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