1. Juli 2019 – UBS Wochenkommentar Rück-/Ausblick
Anstoss in die zweite Hälfte
Ein erstaunliches erstes Semester 2019 liegt hinter uns. Um die konjunkturellen Entwicklungen war es wahrlich nicht bestens bestellt und auch von politischer Seite waren die Störfeuer enorm. Und trotzdem legten die Börsen ein beachtliches Tempo vor. Kaum zu glauben, aber prominente Indizes wie der SMI, DAX und S&P 500 liegen nach sechs Monaten mit einem Anstieg von 17.4 Prozent nahezu exakt gleich auf. Nur etwas langsamer kamen die europäischen Blue Chips, gemessen am EURO STOXX 50, und der chinesische Hang Seng Index voran. Weit abgeschlagen sind im ersten Halbjahr dagegen Titel aus Fernost, der japanische Nikkei 225 schaffte «nur» einen Anstieg im einstelligen Prozentbereich.* (siehe Grafik)
Neues aus dem Osten
Auch wenn Japan am Kapitalmarkt das Nachsehen hatte beherrscht das Land aktuell die Schlagzeilen. Wie letzte Woche an dieser Stelle aufgezeichnet endet das Halbjahr nämlich mit einem Showdown in Osaka auf dem G20-Gipfel. Die wohl wichtigste Nachricht sendeten US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Kollege Xi Jinping. Die beiden Weltmächte haben sich im Zollstreit auf eine Feuerpause geeinigt. Trump bezeichnete das Treffen mit dem chinesischen Staatsmann als «ausgezeichnet». Beide kehren wieder an den Verhandlungstisch zurück und neue Sonderzölle soll es auf absehbare Zeit nicht geben. Auch wenn diese Annäherung den Börsen erstmal Luft verschaffen wird, dürfte das Thema aber noch nicht vom Tisch sein und die Kurse auch im zweiten Halbjahr massgeblich beeinflussen. IWF-Chefin Christine Lagarde brachte es in Osaka auf den Punkt: Zwar begrüsst sie die Wiederaufnahme der Verhandlungen im Handelsstreit der USA mit China . Der Konflikt bleibe dennoch das grösste Risiko für die Weltwirtschaft, so Lagarde. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 29.06.2019)
Neues Halbjahr, alte Risiken
Ein Risiko für die Konjunktur und somit auch für die Kapitalmärkte geht in der zweiten Hälfte aber nicht nur von den Handelsauseinandersetzungen aus. Nach wie vor beschäftigt Investoren der ungelöste Brexit, der spätestens im Herbst wieder aufpoppen wird. Zur Erinnerung: Die EU hatte im April Grossbritannien eine Fristverlängerung bis zum 31. Oktober Zeit gewährt. Grossbritannien ist aber nicht das einzige Problem, das Brüssel in absehbarer Zukunft lösen muss. Daneben steht auch der Schuldenstreit mit Italien. Aktuell dringt die EU-Kommission auf Einsparungen des hoch verschuldeten Euro-Landes und droht mit einem Defizitverfahren.
Politische Brandherde, die der Weltkonjunktur Schaden zufügen könnten, dürften Börsianer in den kommenden sechs Monaten noch mehrere verfolgen. Da wäre zum einen eine mögliche Eskalation der Konflikte zwischen den USA und dem Iran. Ein dritter Golfkrieg könnte die Ölpreise stark nach oben treiben und eine globale Rezession zur Folge haben. Auch im Konflikt mit Nordkorea ist jede Menge Sprengstoff. Allerdings sendeten diesbezüglich Trump und sein Widersacher Kim Jong Un am vergangenen Sonntag Zeichen der Entspannung. Nach dem G20-Gipfel reiste der US-Präsident ins Grenzgebiet zwischen Nord- und Südkorea und schüttelte dort dem nordkoreanischen Machthaber die Hand. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 30.06.2019)
Politisch wird es gleich in der ersten Woche des zweiten Halbjahres besonders in der Eurozone spannend. Zum einen beraten die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfel in Brüssel weiter über die Besetzung der Spitzenpositionen in der Europäischen Union. Zum anderen kommt es in Griechenland am 7. Juli zu einer vorgezogenen Parlamentswahl. Umfragen zufolge wird die konservative Nea Demokratia zur stärksten Kraft aufsteigen. Deren Vorsitzender Kyriakos Mitsotakis könnte dann Alexis Tsipras, der seit Januar 2015 das krisengeschüttelte Land führt, als Ministerpräsident ablösen. Zuletzt trieben Spekulationen auf eine wirtschaftsfreundlichere Politik einer neuen Mitte-Rechts-Regierung den Athener Leitindex auf ein neues Jahreshoch.* (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 29.06.2019)
Arbeitsmarkt im Fokus
Aber auch eine Flut von Konjunkturdaten wird Investoren in der neuen Woche auf Trapp halten. Auf dem Terminplan stehen unter anderem zahlreiche Einkaufmanagerindizes. Daneben werden die Einzelhandelsumsätze am Donnerstag einen Einblick auf die Verfassung der Euro-Zone geben. Das wohl grösste Interesse auf sich ziehen dürften die US-Arbeitsmarktdaten für den Juni am Freitag. Hier kam es im Mai mit deutlich weniger geschaffenen Arbeitsplätzen als erwartet zu einer Enttäuschung. Sollte die Beschäftigungssituation erneut zur Schwäche neigen, könnte dies weitere Zinssenkungsfantasien zur Folge haben. Einen ersten Vorgeschmack auf die Daten wird es bereits am Mittwoch geben, wenn die private Arbeitsagentur ADP ihre Zahlen veröffentlicht.
Halbjahres-Performance ausgewählter Aktienindizes¹
Quelle: Thomson Reuters
¹) Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Wirtschaftstermine
Datum | Zeit | Land | Ereignis |
02.07.2019 | 09:30 | CH | SWME – Einkaufsmanagerindex |
02.07.2019 | 11:15 | EZ | Erzeugerpreisindex |
03.07.2019 | 03:45 | CN | Einkaufsmanagerindex Dienstleistungen |
03.07.2019 | 10:00 | EZ | Einkaufsmanagerindex Gesamt |
03.07.2019 | 14:15 | US | ADP Beschäftigungszahlen |
03.07.2019 | 14:30 | US | Handelsbilanz |
03.07.2019 | 15:45 | US | Einkaufsmanagerindex Gesamt |
04.07.2019 | 09:15 | CH | Verbraucherpreisindex |
04.07.2019 | 11:00 | EZ | Einzelhandelsumsätze |
05.07.2019 | 14:30 | US | Arbeitslosenquote |
Quelle: Thomson Reuters
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