11. April 2022
Raus aus dem Zinstal
Das gefährliche Zusammenspiel zwischen Rezessionsgefahren und drohenden Zinssteigerungen brachte die Finanzmärkte in der vergangenen Woche wieder etwas stärker ins Wanken.* Auf der einen Seite stand die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen aufgrund neuer Sanktionen des Westens gegen Russland, auf der anderen liess sich aus den Protokollen der Fed-Sitzung vom 16. März eine aggressivere geldpolitische Straffung herauslesen. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 06.04.2022)
Der Geldhahn geht zu
Der Grund für das Drehen an der Zinsschraube ist relativ einfach: Inflation. So legten die Verbraucherpreise in den USA zuletzt mit 7.9 Prozent so kräftig zu wie seit 40 Jahren nicht mehr. Laut dem Fed-Protokoll halten es zahlreiche US-Währungshüter für nötig, demnächst einen grösseren Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt oder auch mehr zu unternehmen. Am Markt wird nun für den Mai und Juni mit einem Schritt von jeweils einem halben Prozentpunkt gerechnet. Bis Ende Jahr könnte der Leitzins nach weiteren Straffungen von aktuell 0.25 bis 0.50 Prozent auf dann sogar 2.5 bis 2.75 Prozent klettern. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 06.04.2022)
Spannend wird nun, ob die Europäische Zentralbank an ihrer Sitzung in dieser Woche (14. April) gedenkt, den Geldhahn schneller zuzudrehen als bisher erwartet. In der Eurozone nimmt die Inflation ebenfalls deutlich Fahrt auf. Im Zuge des Energiepreisschubs stiegen die Preise im März um 7.5 Prozent. Zum Vergleich: Die EZB peilt mittelfristig einen Wert von 2.0 Prozent an. Bereits an ihrer letzten Sitzung hatten die Währungshüter angekündigt, im Sommer die milliardenschweren Anleihenkäufe zu beenden. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 06.04.2022)
Selbst in der Schweiz könnte ein geldpolitischer Kurswechsel anstehen, zumindest wenn es nach dem IWF geht. Der Internationale Währungsfonds empfiehlt der SNB, die Teuerung angesichts der global gestiegenen Inflationsgefahren genau im Auge zu behalten. „Nach einer langen Phase sehr akkommodierender Geldpolitik, der Leitzins liegt seit 2015 bei minus 0.75 Prozent, könnte die Zeit für eine Normalisierung der Geldpolitik gekommen sein“, heisst es in einem aktuellen Schweiz-Bericht des IWF. Die Experten prognostizieren für das laufende Jahr eine Inflation von 2.5 Prozent. Im März lag die Rate bei 2.4 Prozent. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 06.04.2022)
Start in die Berichtssaison
In der kurzen Handelswoche vor dem Osterfest richtet sich der Fokus der Börsianer aber nicht nur auf Zinssatzentscheidungen und Konjunkturdaten, beispielsweise stehen in den USA die Verbraucherpreise (Dienstag) und Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) für den März an. Darüber hinaus startet an der Wall Street die Berichtssaison. Stand heute wird erwartet, dass der S&P 500 für das erste Quartal 2022 ein Gewinnwachstum von 4.5 Prozent ausweisen wird. Dabei sind die Schätzungen seit Ende Dezember von 5.7 auf 4.5 Prozent gesenkt worden. Allerdings könnten die US-Bluechips am Ende doch besser abschneiden. Dem Finanzdaten-Unternehmen FactSet zufolge ist es wahrscheinlich, dass positive Überraschungen während der Berichtssaison dafür sorgen, dass der S&P 500 für das erste Quartal ein Gewinnwachstum von über zehn Prozent melden wird. Das wäre das fünfte Quartal in Folge mit einem Plus von mehr als einem Zehntel. Als erstes ist wie gewohnt der Finanzsektor an der Reihe. So werden insgesamt zehn Geldhäuser, darunter bekannte Adressen wie JPMorgan Chase, Citigroup und Wells Fargo, diese Woche ihre Bücher öffnen. Auf allzu hohes Wachstum sollten sich Anleger dabei nicht einstellen. Laut FactSet könnte der Banken-Sektor unter anderem aufgrund von deutlich höheren Rückstellungen für Kreditausfälle schrumpfende Gewinne ausweisen. (Quelle: FactSet, Earnings Insight, 08.04.2022)
Inflationsrate USA und Eurozone*
Stand: 08.04.2022; Quelle: FactSet
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Termine
Datum | Zeit | Land | Ereignis |
12.04.2022 | 08:00 | GB | Arbeitslosenquote |
12.04.2022 | 11:00 | EZ | ZEW Umfrage Konjunkturerwartungen |
12.04.2022 | 14:30 | US | Verbraucherpreisindex |
13.04.2022 | 08:00 | GB | Verbraucherpreisindex |
13.04.2022 | k.A. | CH | Barry Callebaut Quartalszahlen |
13.04.2022 | k.A. | US | JPMorgan Chase & Co. Quartalszahlen |
14.04.2022 | 06:30 | JP | Industrieproduktion |
14.04.2022 | 08:30 | CH | Erzeuger- und Importpreise |
14.04.2022 | 13:45 | EZ | Zinssatzentscheidung |
14.04.2022 | 14:30 | US | Einzelhandelsumsätze |
14.04.2022 | 14:30 | US | Erstanträge Arbeitslosenunterstützung |
14.04.2022 | k.A. | US | Citigroup Quartalszahlen |
14.04.2022 | k.A. | US | Wells Fargo Quartalszahlen |
Stand: 08.04.2022; Quelle: Thomson Reuters
Weitere Blogeinträge:
Alle Jahre wieder
Traditionell treten die Notenbanken auf der Zielgeraden eines Börsenjahres noch einmal auf den Plan.
Shoppingfieber – bei Verbrauchern und Investoren
Der November 2024 hatte es an den Börsen und darüber hinaus in sich.
Volatiles Marktgeschehen
Positive und negative Überraschungen geben sich bei den heimischen Grosskonzernen in der laufenden Berichtssaison die Klinke in die Hand.