13. Juni 2022
Währungshüter im Dauereinsatz
Die Notenbanken bestimmen weiterhin das Geschehen an den Märkten. Vergangene Woche hat die Europäische Zentralbank für einen Paukenschlag gesorgt. Auf ihrer turnusmässigen Sitzung wurde nach mehr als einem Jahrzehnt der extrem lockeren Geldpolitik nun der Weg für eine Leitsatzerhöhung geebnet. „Die hohe Inflation ist eine gewaltige Herausforderung für uns alle“, gab EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu Protokoll. Daher sollen die wichtigsten Zinssätze im Juli um jeweils 0.25 Prozentpunkte angehoben werden. Dabei dürfte es jedoch nicht bleiben, weitere Schritte nach oben sind bereits fest eingeplant. Die Anleihenkäufe werden unterdessen zum 1. Juli eingestellt. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 09.06.2022)
Das Handeln der EZB gibt nun wiederum der SNB mehr Handlungsspielraum. Einige Marktteilnehmer gehen sogar davon aus, dass die hiesigen Währungshüter aufgrund des zuletzt gesunkenen realen Aussenwert des Frankens die Bezeichnung „hoch bewertet“ für die Devise aus ihrer Kommunikation anlässlich der anstehenden Sitzung am Donnerstag streichen werden. (Quelle: Cash, Medienbericht, 09.06.2022) Ebenfalls am 16. Juni tagt die Bank of England (BoE). Die Notenbanker haben bereits vier Mal seit Ende vergangenen Jahres ihren Leitsatz auf inzwischen 1.0 Prozent nach oben geschraubt. Am Markt wird damit gerechnet, dass die BoE in dieser Woche einen weiteren Aufwärtsschritt um 0.25 Prozentpunkte machen wird. Damit nicht genug, auch das Fed kommt in dieser Woche zu einem neuen Zinsentscheid zusammen. Marktbeobachter gehen davon aus, dass die US-Leitzinsen um einen weiteren halben Prozentpunkt steigen werden. Selbst für die Sitzung im Juli wird ein weiterer Schritt in dieser Grössenordnung erwartet. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 10.06.2022)
Konjunktursorgen
Während die Notenbanken versuchen müssen, die Inflation einzufangen, ziehen von konjunktureller Seite dunkle Wolken auf. Die EZB-Volkswirte prophezeien für das laufende Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 2.8 Prozent (bisher 3.7 Prozent). Selbst 2023 soll der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anstatt 2.8 nur noch 2.1 Prozent betragen. Nicht nur in Europa nimmt die Expansionsrate ab, auch der Internationale Währungsfonds (IWF) steht vor einer dritten Senkung seiner Prognose für die Weltwirtschaft in diesem Jahr. „Es gibt eine Reihe von Entwicklungen, die uns dazu bringen könnten, unsere Prognose weiter nach unten zu korrigieren“, sagte IWF-Sprecher Gerry Rice. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 10.06.2022)
Der Trend zu niedrigeren Schätzungen könnte in der neuen Woche auch die Schweiz erreichen. „Es ist möglich, dass wir in diesem Jahr im Ausland und in der Schweiz ein langsameres Wachstum sehen als in unserer vorherigen Prognose“, sagte Ronald Indergand, Ökonom beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), bereits Ende Mai. Die nächste Seco-Wirtschaftsprognose wird am 15. Juni veröffentlicht. Bereits im März wurde das BIP-Ziel auf 2.8 Prozent gesenkt, im vergangenen Jahr expandierte die Konjunktur um 3.6 Prozent. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 31.05.2022)
Vereinzelte Wirtschaftsdaten
Auch wenn die Notenbank-Sitzungen rund um den Globus der neuen Börsenwoche ihren Stempel aufdrücken werden, dürften auch noch einige Konjunkturdaten die Aufmerksamkeit der Investoren auf sich ziehen. Beispielsweise stehen am Mittwoch kurz vor dem Zinsentscheid in den USA die US-Einzelhandelsumsätze auf der Agenda. Hier wird mit einer Wachstumsverlangsamung im Mai auf 0.2 Prozent gerechnet. Interessant sind zudem die Zahlen zur Industrieproduktion in der Eurozone am 15. Juni. Hier hat Italien bereits für eine positive Überraschung gesorgt. Die nach Deutschland und Frankreich drittgrösste Volkswirtschaft im Euro-Raum stellte im April 1.6 Prozent mehr her als im Vormonat, Ökonomen hingegen hatten mit einem Rückgang um 1.1 Prozent gerechnet. Für die gesamte Eurozone wird mit einem Plus von 0.5 Prozent gerechnet. (Quelle: Refinitiv, Medienberichte, 10.06.2022)
BIP-Wachstum Schweiz (Veränderung ggü. Vorjahr)
Stand: 10.06.2022; Quelle: Seco
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Termine
Datum | Uhrzeit | Land | Ereignis |
13.06.2022 | 08:00 | GB | Bruttoinlandsprodukt |
14.06.2022 | 08:00 | GB | Arbeitslosenquote |
14.06.2022 | 11:00 | EZ | ZEW Umfrage – Konjunkturerwartungen |
14.06.2022 | 14:30 | US | Erzeugerpreisindex |
15.06.2022 | 04:00 | CN | Einzelhandelsumsätze |
15.06.2022 | 09:00 | CH | SECO Wirtschaftsprognosen |
15.06.2022 | 11:00 | EZ | Industrieproduktion |
15.06.2022 | 14:30 | US | Einzelhandelsumsätze |
15.06.2022 | 20:00 | US | Fed Zinssatzentscheidung |
15.06.2022 | 20:30 | US | FOMC Pressekonferenz |
16.06.2022 | 08:00 | DE | Verbraucherpreisindex |
16.06.2022 | 09:30 | CH | SNB Zinssatzentscheidung |
16.06.2022 | 13:00 | GB | BoE Zinssatzentscheidung |
16.06.2022 | 14:30 | US | Erstanträge Arbeitslosenunterstützung |
16.06.2022 | 14:30 | US | Philly-Fed-Herstellungsindex |
17.06.2022 | 05:00 | JP | BoJ Zinssatzentscheidung |
17.06.2022 | 11:00 | EZ | Verbraucherpreisindex |
Stand: 10.06.2022; Quelle: Thomson Reuters
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