13. Juni 2022
Das „R“-Wort ist zurück
Ausverkauf an den Börsen: Die Aktienmärkte gaben in der vergangenen Woche kräftig nach, die Kryptowährungen brachen regelrecht ein und die Spreads an den europäischen Anleihemärkten trifteten deutlich auseinander.* Derartige Turbulenzen erinnern erfahrene Anleger sofort an die Finanzkrise 2008/09. Dass die Lage ebenso ernst sein könnte wie vor rund 14 Jahren, zeigen die jüngsten Notenbank-Entscheidungen. Zahlreiche Zinserhöhungen sowie eine Notfall-Sitzung der EZB sprechen diesbezüglich eine eindeutige Sprache.
Die Notenbanken am Zug
Der Reihe nach: Noch bevor das Fed am Mittwoch zu ihrer turnusmässigen Sitzung zusammenkam, lud die Europäische Zentralbank zum Krisentreffen ein. Grund war der sich ausweitende Renditeabstand zwischen deutschen Bundesanleihen und denen südlicher Euro-Länder, insbesondere Italien, der auf den höchsten Stand seit über zwei Jahren kletterte. Damit die Finanzierungskosten für die höher verschuldeten Nationen nicht aus dem Ruder laufen, kündigten die EZB-Währungshüter nun neue Instrumente an. (Quelle: NTV, Medienbericht, 15.06.2022)
Das Fed wiederum sorgte anschliessend für einen Paukenschlag. Die US-Notenbank schraubte die Leitzinsen um 0.75 Prozentpunkte auf eine neue Spanne von 1.50 bis 1.75 Prozent empor. Das war nicht nur die vierte Erhöhung in Folge, sondern auch die höchste seit 1994. Bei der hiesigen SNB hiess es ebenfalls „Klotzen, nicht kleckern“. Das Team um Präsident Thomas Jordan einigte sich auf einen überraschenden Zinsschritt um einen halben Prozentpunkt auf minus 0.25 Prozent. Das war die erste Zinserhöhung seit knapp 15 Jahren. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 16.06.2022)
Da die EZB erst für ihre Juli-Tagung eine Zinserhöhung in Aussicht gestellt hat, geht die Zinsschere dies- und jenseits des Atlantiks weiter auseinander. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Währung: Der Euro wertete gegen den US-Dollar ab und verlor damit seit Jahresbeginn knapp acht Prozent.* Geht es allerdings nach dem niederländischen Notenbankchef Klaas Knot, könnte es auch im Euroraum schon bald zu kräftigen Zinsanhebungen kommen. Dies wäre der Fall, wenn die sogenannte Kerninflation, die schwankungsreiche Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, weiter steigen würde. Mehrere Schritte um 50 Basispunkte könnte es laut dem Ratsmitglied geben. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 17.06.2022)
Konjunktur in Gefahr
Mit diesem Vorgehen versuchen die Währungshüter ihre Fähigkeit zu demonstrieren, die Preissteigerungen in den Griff zu bekommen. Das Ergebnis dieser drastischen Zinserhöhungen könnte aber eine Rezession sein. Die dafür gestiegenen Risiken sind hauptsächlich für die aktuellen Kursturbulenzen verantwortlich und werden die Börsen auch in der neuen Woche in ihren Bann ziehen. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 17.06.2022) Aus den USA ist, nach einem Feiertag am Montag, erst zum Wochenende hin mit wichtigen konjunkturellen News zu rechnen. So dürfte unter anderem das finale Ergebnis für das Verbrauchervertrauen für den Juni am Freitag interessant werden. Hier wird laut Refinitiv mit einem Wert von 50.2 Punkten gerechnet.
In Europa stehen diese Woche die Einkaufsmanagerindizes (PMI) auf dem Programm. Diese können entscheidende Hinweise darauf geben, wie sich die Probleme in den Lieferketten sowie die stark steigenden Energiepreise auf die Wirtschaft auswirken. Beim PMI für die Eurozone rechnet der Konsens nach Angaben von Refinitiv mit einem Rückgang von 54.8 auf 54.0. Am Tag danach steht in Deutschland der Ifo-Index auf der Agenda. Dieser misst die Stimmung in den Führungsetagen der Unternehmen. Auch hier wird mit einer Verringerung gerechnet, der Index-Wert soll leicht von 93.0 auf 92.9 zurückgehen. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 17.06.2022)
EUR/USD (5 Jahre)
Stand: 17.06.2022; Quelle: Refinitiv
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Termine
Datum | Uhrzeit | Land | Ereignis |
21.06.2022 | 08:00 | CH | Handelsbilanz |
22.06.2022 | 01:50 | JP | BoJ Geldpolitik Sitzungsprotokoll |
22.06.2022 | 08:00 | GB | Verbraucherpreisindex |
22.06.2022 | 10:00 | EZ | Nicht-geldpolitische Sitzung der EZB |
22.06.2022 | 15:00 | CH | SNB Quartals Bulletin |
22.06.2022 | 16:00 | EZ | Verbrauchervertrauen |
23.06.2022 | k.A. | EZ | EU-Gipfel |
23.06.2022 | 09:30 | DE | Einkaufsmanagerindex |
23.06.2022 | 10:00 | EZ | Einkaufsmanagerindex |
23.06.2022 | 10:30 | GB | Einkaufsmanagerindex |
23.06.2022 | 14:30 | US | Erstanträge Arbeitslosenunterstützung |
23.06.2022 | 15:45 | US | Einkaufsmanagerindex |
24.06.2022 | 01:30 | JP | Verbraucherpreisindex |
24.06.2022 | 08:00 | GB | Einzelhandelsumsätze |
24.06.2022 | 10:00 | DE | Ifo-Geschäftsklimaindex |
24.06.2022 | 16:00 | US | Verkäufe neuer Häuser |
24.06.2022 | 16:00 | US | Reuters/Uni Michigan Verbrauchervertrauen |
Stand: 10.06.2022; Quelle: Thomson Reuters
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