07. August 2023
USA vs. Europa: 1:0
Eine ganze Reihe an negativen Meldungen sorgte in der vergangenen Woche dafür, dass die Optimisten rund um den Globus den Rückzug antraten. Insbesondere die Herabstufung der US-Kreditbonität, die zum Teil enttäuschenden Zwischenbilanzen von Unternehmen sowie die erneut hochkochende Angst vor weiteren Zinserhöhungen, setzte den Aktienmärkten zu. Um rund zwei Prozent ging es im Gleichmarsch mit SMI, S&P 500 und Nikkei 225 nach unten, der EURO STOXX 50 verlor gar knapp drei Prozent. Im Gegenzug sprang die Volatilität nach oben. Der VSMI Volatilitätsindex erhöhte sich um 16 Prozent und markierte den höchsten Stand seit zwei Monaten.*
Ein Trio im Fokus
Der Reihe nach: Fitch Ratings stufte die Bonität langfristiger US-Staatsanleihen von „AAA“ auf „AA+“ herab und folgte damit der Einschätzung von S&P. Dieses weitere Downgrade lässt sich nicht nur als Imageschaden für die grösste Volkwirtschaft der Welt werten, es zeigt auch, dass die US-Regierung ein Problem mit ihren Ausgaben hat. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 02.08.2023) Noch wichtiger für Anleger sind aber die für die Fed relevanten Entwicklungen bei dem Dreigespann aus Wirtschaftswachstum, Inflation und Arbeitsmarkt. Letztgenannter sendete am Freitag eine leichte Entspannung. Während Analysten für den Juli mit der Schaffung von 200‘000 Stellen gerechnet hatten, sind es letztlich nur 187‘000 geworden. Allerdings ist der Teuerungsdruck weiter hoch und die überraschend deutlich gestiegenen Löhne sorgen diesbezüglich für keine Erleichterung. Die durchschnittlichen Stundenlöhne erhöhten sich Juli im Monatsvergleich um 0.4 Prozent, Ökonomen hatten einen Anstieg um lediglich 0.3 Prozent erwartet. (Quelle: dpa-AFX, Medienbericht, 04.08.2023) Dies wiederum liefert den Befürwortern einer restriktiveren Geldpolitik Argumente für eine mögliche erneute Zinserhöhung im September.
Europa schwächelt, USA stark
In der laufenden Bilanzsaison steht es nach etwas mehr als der Hälfte 1:0 für die USA. Während es in Europa zuletzt zu enttäuschenden Zahlenwerken kam, konnten US-Konzerne weiter punkten. So schrammten die beiden DAX-Konzerne Deutsche Post und BMW ebenso wie der dänische Containerriese Moeller-Maersk und auch die heimische Swisscom an den Erwartungen vorbei. In den USA überwogen im S&P 500 vergangene Woche einmal mehr die positiven Überraschungen. Infolgedessen meldete der Index höhere Gewinne für das zweite Quartal als noch zum Ende der Vorwoche. Der durchschnittliche Gewinnrückgang für das zweite Quartal beträgt aktuell 5.2 Prozent, verglichen mit einem Minus von 7.4 Prozent sieben Tage zuvor. (Quelle FactSet, Earnings Insight, 04.08.2023)
Insgesamt haben inzwischen 84 Prozent der Unternehmen im S&P 500 Ergebnisse für das abgelaufene Quartal gemeldet und von diesen konnten 79 Prozent die Gewinnerwartungen übertreffen. Dieser Anteil liegt über dem 5-Jahres-Durchschnitt von 77 Prozent und über dem Mittel der letzten zehn Jahre mit 73 Prozent. Sollte sich an diesem Wert nichts mehr ändern, wäre dies der höchste Prozentsatz seit dem dritten Quartal 2021. (Quelle FactSet, Earnings Insight, 04.08.2023)
Firmenbilanzen und Konjunkturdaten bleiben im Fokus
Die ganz grossen Namen stehen in der Bilanzsaison in den USA in der neuen Woche nicht mehr im Terminkalender. Zu den wichtigsten Zahlensets zählen jene von Palantir, Trend Micro und Walt Disney. Dagegen wird in Deutschland eine Flut an Zwischenberichten aus dem DAX, dazu zählen der Versicherer Allianz, der Versorger E.ON, die Deutsche Telekom und die Porsche Holding, die Investoren auf Trab halten. Hierzulande wird es beim Assekuranzkonzern Zurich Insurance spannend, der am Donnerstag die Bücher öffnen wird.
Ansonsten dürfte der Fokus der Marktteilnehmer weiterhin auf der Wirtschafts- und Inflationsentwicklung bleiben, um einschätzen zu können, wie die künftige Geldpolitik beiderseits des Atlantiks aussehen könnte. Dazu werden wegweisende Daten veröffentlicht: Am Dienstag stehen die endgültigen deutschen Verbraucherpreise für den Juli auf dem Plan, am Donnerstag folgen die Zahlen aus Übersee. Ebenso wie bei den Firmenergebnissen und dem Wirtschaftswachstum dürfte die USA auch hier die Nase vorne haben. Jenseits des Atlantiks wird mit einer Teuerung von 0.2 Prozent gegenüber dem Vormonat gerechnet, für die grösste Volkswirtschaft der Eurozone werden dagegen 0.3 Prozent veranschlagt. Die Beratungsfirma Sentix misst derweil die Stimmung unter den Börsianern in der Eurozone und hat zu Beginn der neuen Woche gute Nachrichten. Der Index legte im August um 3,6 Zähler auf minus 18,9 Punkte zu, das war der erste Anstieg nach drei Rückgängen in Folge. Ökonomen hatten mit einem weiteren Rücksetzer auf minus 24,3 Zähler gerechnet. (Quelle: Definitiv, Medienbericht, 07.08.2023). Am Dienstag steht die chinesische Handelsbilanz auf der Agenda. Hier wird es spannend, wie die Konjunkturflaute von wichtigen Handelspartnern auf den Exportweltmeister durchgeschlagen hat. Am Donnerstag werden dann noch die Daten zum britischen Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal veröffentlicht. Gegenüber dem Vorjahr wird mit einem Plus von 0.2 Prozent gerechnet, im Vergleich zum Vorquartal mit einer Stagnation. (Quelle: Refinitiv, Medienbericht, 28.07.2023)
Erwartete Gewinnentwicklung im S&P 500
Stand: 04.08.2023; Quelle: FactSet
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Termine
Datum | Uhrzeit | Land | Ereignis |
07.08.2023 | 07:45 | CH | Arbeitslosenquote |
07.08.2023 | 10:30 | EZ | Sentix Investorenvertrauen |
07.08.2023 | k.A. | US | Palantir Quartalszahlen |
07.08.2023 | k.A. | DE | Siemens Energy Quartalszahlen |
08.08.2023 | 05:00 | CN | Handelsbilanz |
08.08.2023 | 08:00 | DE | Verbraucherpreisindex |
08.08.2023 | k.A. | CH | Galenica Quartalszahlen |
08.08.2023 | k.A. | DE | Porsche Holding Quartalszahlen |
08.08.2023 | k.A. | US | Trend Micro Quartalszahlen |
08.08.2023 | k.A. | US | Under Armour Quartalszahlen |
09.08.2023 | 03:30 | CN | Verbraucherpreisindex |
09.08.2023 | k.A. | DE | Continental Quartalszahlen |
09.08.2023 | k.A. | DE | E.ON Quartalszahlen |
09.08.2023 | k.A. | US | Walt Disney Quartalszahlen |
10.08.2023 | 14:30 | US | Folgeanträge auf Arbeitslosenhilfe |
10.08.2023 | 14:30 | US | Verbraucherpreisindex |
10.08.2023 | k.A. | DE | Allianz Quartalszahlen |
10.08.2023 | k.A. | DE | Deutsche Telekom Quartalszahlen |
10.08.2023 | k.A. | DE | Henkel Quartalszahlen |
10.08.2023 | k.A. | DE | RWE Quartalszahlen |
10.08.2023 | k.A. | DE | Siemens Quartalszahlen |
10.08.2023 | k.A. | CH | Zurich Insurance Quartalszahlen |
11.08.2023 | 08:00 | UK | Bruttoinlandsprodukt |
11.08.2023 | 14:30 | US | Erzeugerpreisindex |
11.08.2023 | 16:00 | US | Verbrauchervertrauen |
11.08.2023 | k.A. | DE | Varta Quartalszahlen |
12.08.2023 | k.A. | CH | EMS-Chemie Hauptversammlung |
Stand: 04.08.2023; Quelle: Refinitiv
Weitere Blogeinträge:
Finale furioso
Die Börsen konnten ihre „Sommerflaute“ abschütteln und steuern auf einen positiven Quartalsabschluss zu.
Zwischen Zinsentscheidungen, KI-Fantasien und glänzenden Metallen
Paukenschlag in den USA: Entgegen der überwiegenden Schätzungen hat die US-Notenbank Fed in der vergangenen Woche den Leitzins nun doch um einen halben Prozentpunkt auf 4.75 bis 5.00 Prozent gesenkt.
Ein Wechselbad der Gefühle
Die Europäische Zentralbank hat ein weiteres Mal die Zinsen gesenkt.