12. August 2019 – UBS Wochenkommentar Rück-/Ausblick
Toxischer Cocktail
Weltweit nimmt der Populismus und Protektionismus zu. USA, China, Türkei, Ungarn und nun auch noch verstärkt Grossbritannien und Italien, alle sehen ihr Heil in einer isolationistischen Politik. Das macht die Börsen nervös, denn damit kommt der freie Welthandel immer mehr in Gefahr und dies wiederum schadet der Konjunktur.
Krisen mit Folgen
Dass die globale Wirtschaft bereits ins Stolpern gerät, zeigt sich vielerorts. So zum Beispiel in Grossbritannien. Auf der Insel schrumpfte die Wirtschaft im zweiten Quartal und damit das erste Mal seit 2012. Zuvor hatte die Zentralbank in Grossbritannien angesichts der anhaltenden Unsicherheit rund um den Brexit bereits ihre Wachstumsprognose für das Königreich gesenkt. Für 2019 und 2020 rechnet die Bank of England nun noch mit einem BIP-Anstieg von jeweils 1.3 Prozent, zuvor war sie von einem Plus von 1.5 respektive 1.6 Prozent ausgegangen. (Quelle: AFP, Medienbericht, 01.08.19) Die Sorgen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Währung. Das britische Pfund fiel zuletzt gegenüber den US-Dollar auf ein Zweieinhalb-Jahres-Tief von 1.2022.*
Der chinesische Yuan geriet im Zuge des Handelsstreits mit den USA ebenso ins Straucheln und gab auf den niedrigsten Stand seit dem 24. März 2008 nach. Während die USA Peking Währungsmanipulation vorwerfen und damit unfaire Handelspraktiken anprangern, springt der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Reich der Mitte zur Seite. Der Kurs stimme mit den ökonomischen Fundamentaldaten weitgehend überein, sagte der für China zuständige IWF-Direktor James Daniel. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 10.08.19)
Rohöl: Nachfrage und Preis sinken
Nicht nur die Devisen-, auch die Rohstoffmärkte signalisieren eine zunehmende Rezessionsgefahr. So tauchte der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent seit Mitte April um mehr als ein Fünftel ab. Auch die Nachfrage nach dem «schwarzen Gold» verläuft schleppend. Nach Angaben der International Energy Agency (IEA) reduzierte sich die weltweite Nachfrage im Mai gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres um 160’000 Barrel pro Tag, das war bereits der zweite Rückgang im laufenden Jahr. Die IEA senkte daraufhin ihre Prognosen für das globale Nachfragewachstum für 2019 und 2020 auf 1.1 und 1.3 Millionen Barrel pro Tag. «Die Aussichten sind fragil, und die Wahrscheinlichkeit einer Abwärtskorrektur ist grösser als bei einer Aufwärtskorrektur», heisst es im aktuellen IEA-Monatsbericht.
Bilanzsaison läuft aus
An den Aktienmärkten haben ebenfalls die Bären das Ruder weiterhin fest im Griff. Der Euro Stoxx 50 verlor im August bis dato 3.8 Prozent, der S&P 500 zwei Prozent und der SMI 1.7 Prozent. Dass die Kurse zuletzt nicht noch stärker gefallen sind, dürfte an zwei Faktoren liegen: Zum einen die Aussicht auf billiges Notenbankgeld, laut US-Präsident Donald Trump müsse das Fed die Zinsen um einen ganzen Prozentpunkt senken. Und zum anderen an einer starken Bilanzsaison. Mittlerweile haben 90 Prozent der S&P-Unternehmen ihre Zahlen für das zweite Quartal 2019 vorgelegt. Exakt drei Viertel der veröffentlichten Gewinne lagen über den Schätzungen. Insgesamt präsentierten die Grosskonzerne Ergebnisse, die 5.7 Prozent über den Erwartungen lagen. Damit wurde der Fünf-Jahres-Durchschnitt übertroffen. Auf Sektorebene zeigte die Gesundheitsbranche die beste Performance. 97 Prozent der Health Care-Unternehmen übertrafen die Gewinnprognosen. Am schlechtesten präsentierten sich die Versorger mit einer Rate von 46 Prozent. (Quelle: Factset, Earnings Inside, 09.08.2019)
Konjunkturdaten im Vordergrund
Da sich die Quartalssaison dem Ende zuneigt, dürfte den Börsen in den kommenden Wochen eine wichtige Stütze fehlen. Die volle Aufmerksamkeit gilt somit den Wirtschaftsdaten und den Entwicklungen in der Politik. Neben den Konflikten zwischen USA und China sowie Grossbritannien und der EU rückt auch Italien immer mehr in den Vordergrund. Die Zeitung «Repubblica» hatte berichtet, dass Vize-Regierungschef Matteo Salvini damit gedroht haben soll, Italien aus dem Euro zu führen, wenn kein Kompromiss im Haushaltsstreit mit Brüssel gefunden werde. Auch wenn dieser das schnell dementierte, ein gewisses Unbehagen bleibt.
Was die harten Fakten angeht, kommt es in den kommenden Tagen zu wichtigen Ereignissen. Auf der Agenda steht unter anderem der ZEW-Index. Die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erhobenen Stimmungsdaten unter Finanzfachleuten geben Einblick darüber, wie die Experten die aktuelle Lage bewerten. Im Juli fiel das Barometer für die Eurozone auf ein Minus von 20.3 Punkten. Darüber hinaus geben Daten zu den Einzelhandelsumsätzen in den USA, China und Grossbritannien Auskunft über die möglichen Auswirkungen der politischen Konflikte auf die Konjunktur.
GBP/USD (5 Jahre)*
Quelle: Thomson Reuters
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Konjunkturtermine
Datum | Zeit | Land | Ereignis |
13.08.2019 | 08:00 | DE | Verbraucherpreisindex |
13.08.2019 | 10:30 | UK | Arbeitslosenquote |
13.08.2019 | 11:00 | EZ | ZEW Umfrage Konjunkturerwartungen |
13.08.2019 | 14:30 | US | Verbraucherpreisindex |
14.08.2019 | 04:00 | CN | Einzelhandelsumsätze |
14.08.2019 | 10:30 | UK | Verbraucherpreisindex |
14.08.2019 | 11:00 | EZ | Industrieproduktion |
14.08.2019 | 11:00 | EZ | Bruttoinlandsprodukt |
15.08.2019 | 08:30 | CH | Erzeuger- und Importpreise |
15.08.2019 | 10:30 | UK | Einzelhandelsumsätze |
15.08.2019 | 14:30 | US | Philly-Fed-Herstellungsindex |
15.08.2019 | 06:45 | US | Einzelhandelsumsätze |
16.08.2019 | 07:00 | US | Reuters/Uni Michigan Verbrauchervertrauen |
Quelle: Thomson Reuters
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