KeyInvest Blog

1. Februar 2021

Börsen im Aufruhr

Eigentlich gilt der „Flashmob“ als spontaner Menschenauflauf an öffentlichen Plätzen. Doch zuletzt spielte sich dieses Phänomen an den Börsen ab. Privatanleger stemmten sich gegen professionelle Investoren, die bei einer bestimmten Aktie auf fallende Kurse setzen. Bei der Attacke gegen die „Shortseller“ bündeln die „Massen“ ihre Kräfte auf Internetplattformen wie Reddit. In einem dort angesiedelten Forum mit dem bezeichnenden Namen „Wallstreetbets“ entfielen im Januar mehr als ein Viertel aller Einträge auf GameStop.

Die konzertierte Aktion bescherte der Aktie des Videospielehändlers extreme Kursausschläge. In der Spitze notierte sie am Donnerstag, 28.01.2021, mehr als das Siebenfache über dem Schlusskurs der Vorwoche.* Im Zuge der Rallye mussten Leerverkäufer ihre Positionen eindecken – die als „Short-Squeeze“ bezeichneten Käufe dürfte die Kurskapriolen zusätzlich befeuert haben. In abgeschwächter Form war das GameStop-Phänomen auch bei einigen europäischen Unternehmen mit einem relativ hohen Anteil an leer verkauften Aktien zu beobachten. Dazu zählten beispielsweise der finnische Netzwerkspezialist Nokia oder der Batteriehersteller Varta aus Deutschland. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 28.01.2021)

Turbulenzen mit Folgen

Für die Börsen als Ganzes entpuppten sich die Kapriolen als Bremsklotz. Angesichts der drohenden Schieflage betroffener Hedge Funds kam die Sorge vor allgemeinen Finanzmarktverwerfungen auf. Daraufhin gaben die Kurse auf breiter Front nach, während die implizite Volatilität kräftig anzog. Das gilt auch für den Schweizer Aktienmarkt: Mit einem Minus von 3.1% verbuchte der SMI® den grössten Wochenverlust seit vergangenem Oktober. Gleichzeitig schlug der VSMI® als Benchmark für die in Optionen auf die Indexmitglieder eingepreiste Kursschwankungsbreite um bis zu 46 Prozent nach oben aus.*

In den USA wurden die Turbulenzen sogar für die neue Regierung zum Thema. Sowohl das Weisse Haus als auch das Finanzministerium würden die Situation genau beobachten, teilte das Pressebüro von Präsident Joe Biden mit. Wenig überraschend wollte die Notenbank sich nicht äussern. An der auf die Sitzung des Offenmarktausschusses folgenden Medienkonferenz verweigerte Fed-Präsident Jerome Powell einen Kommentar. Gleichzeitig widerlegte er die Annahme, wonach die Währungshüter mit ihrer ultralockeren Geldpolitik Blasen wie diejenige bei GameStop verursacht hätten. „Ich denke, die Verbindung zwischen tiefen Zinsen und den Anlagewerten ist wahrscheinlich nicht so eng, wie die Leute denken“, erklärte der erfahrene Notenbanker. Seiner Ansicht nach gibt es viele verschiedene Faktoren, welche die Assetpreise zu einer bestimmten Zeit antreiben. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 28.01.2021)

Kampf gegen die Jobkrise

Wie auch immer: Das Federal Reserve bleibt seiner expansiven Linie treu. Neben einem Leitzins von 0.00 bis 0.25 Prozent zählen dazu Wertpapierkäufe in einem Volumen von monatlich 120 Milliarden US-Dollar. An ein Zurückfahren dieser Massnahme ist laut Powell angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt nicht zu denken. Viele US-Amerikaner haben im Zuge der Coronakrise ihre Jobs verloren. „Wir müssen sie wieder in die Arbeit bringen“, erklärte der Fed-Präsident. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 27. Januar 2021) In der Tat konnte die weltgrösste Volkswirtschaft den enormen Stellen-Kahlschlag von März und April 2020 nur zum Teil gut machen. Im Dezember 2020 bewegte sich die Arbeitslosenrate mit 6.4 Prozent bei mehr als dem Doppelten des Vorjahresniveaus (siehe Grafik).

Berichtssaison auf Hochtouren

Entsprechend gespannt warten die Märkte darauf, wie sich die Lage nach dem Jahreswechsel darstellt. Am kommenden Freitag veröffentlicht das US-Arbeitsministerium den „Nonfarm-Payroll“-Report für Januar 2021. Abgesehen von diesem wichtigen Indikator ist der konjunkturelle Terminkalender in der neuen Woche relativ dünn bestückt. Dagegen läuft die Berichtssaison weiter auf Hochtouren. Nach Börsenschluss in New York präsentieren am morgigen Dienstag mit Amazon.com und Alphabet zwei Wall Street-Schwergewichte ihre Zahlen. Aus dem SMI® melden sich am Donnerstagmorgen ABB, Roche und Swisscom zu Wort.

Arbeitslosenrate USA

(Angaben in %)

us zahlen

Stand: 29.01.2021; Quelle: U.S. Bureau of Labor Statistics, bls.gov
* Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.

Wichtige Termine

Datum Uhrzeit Land Ereignis
02.02.2021 11:00 EZ BIP-Schnellrechnung 4. Quartal 2020
02.02.2021 14:30 US Pfizer Quartalszahlen
02.02.2021 22:00 US Amazon.com Quartalszahlen
02.02.2021 22:00 US Alphabet Quartalszahlen
02.02.2021 22:00 US Electronic Arts Quartalszahlen
03.02.2021 08:30 DE Siemens Quartalszahlen
03.02.2021 11:00 EZ Konsumentenpreise Januar 2021
03.02.2021 14:15 US ADP-Arbeitsmarktbericht Januar 2021
03.02.2021 16:00 US ISM Einkaufsmanagerindex Dienstleister Januar 2021
04.02.2021 k.A. DE Deutsche Bank Jahreszahlen
04.02.2021 k.A. IT Enel Jahreszahlen
04.02.2021 01:00 US PayPal Quartalszahlen
04.02.2021 07:00 CH ABB Jahreszahlen
04.02.2021 07:00 CH Roche Jahreszahlen
04.02.2021 07:00 FI Nokia Jahreszahlen
04.02.2021 07:15 CH Swisscom Jahreszahlen
04.02.2021 07:30 DE Infineon Quartalszahlen
04.02.2021 09:00 CH Konsumentenstimmung 1. Quartal 2021
04.02.2021 11:00 EZ Detailhandelsumsätze Dezember 2020
04.02.2021 22:00 US Activision Blizzard Quartalszahlen
05.02.2021 07:30 FR Vinci Jahreszahlen
05.02.2021 07:30 FR Sanofi Jahreszahlen
05.02.2021 08:00 DE Auftragseingang Industrie Dezember 2020
05.02.2021 12:00 DE Linde Jahreszahlen
05.02.2021 14:30 US Offizieller Arbeitsmarktbericht Januar 2021

Stand: 01.02.2021; Quelle: Thomson Reuters

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