8. März 2021
Zwischen Konjunkturhoffnung und Zinsangst
Zinsen, Zinsen, Zinsen, alles dreht sich derzeit um die Zinsen. Eigentlich möchte man meinen, dass Anleger und Investoren anziehende Renditen nach der langen Durstrecke begrüssen würden. Doch weit gefehlt, an den Aktienmärkten herrscht ein anderes Gesetz: Steigende Bond-Renditen sorgen für Verunsicherung, denn sie bedeuten höhere Finanzierungskosten für Staaten und Unternehmen. In den USA verteuerten sich die richtungweisenden zehnjährigen Treasuries zuletzt auf ein Zwölf-Monats-Hoch von 1.614 Prozent, was an der Wall Street für einen kleinen Ausverkauf sorgte. Nur dank eines Endspurts am Freitag aufgrund guter Jobdaten schaffte es der S&P 500 noch in die Pluszone, die Technologiewerte, gemessen am Nasdaq 100, beendeten die Woche dagegen im Minus.*
Steigende Zinsen sind auch Gift für Gold, das als zinsloser Vermögenswert besonders sensibel auf Veränderungen bei den Renditen reagiert. Das Edelmetall verbilligte sich in der vergangenen Woche um vier Prozent, seit Jahresbeginn steht sogar ein Minus von einem Zehntel zu Buche.* Nachdem US-Notenbankchef Jerome Powell bei seinem jüngsten Auftritt auf der „Wall Street Jobs Summit“ den steigenden Bond-Renditen nicht den Kampf angesagt hat, halten Experten kurzfristig weitere Kursturbulenzen für möglich. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 05.03.2021)
EZB diese Woche im Fokus
Auch hier in Europa beschäftigen die Zinsen die Notenbanker. Mit Argusaugen werden die Märkte die anstehende EZB-Sitzung am Donnerstag beobachten. Ökonomen rechnen damit, dass das zweite Treffen der Europäischen Zentralbank (EZB) im laufenden Jahr ganz im Zeichen des starken Renditen-Anstiegs bei den Staatsanleihen steht. Die Frage dabei ist, ob, und wenn ja, wie Präsidentin Christine Lagarde einschreiten wird, um das in der Pandemie gegebene Versprechen günstiger Finanzierungsbedingungen für die Wirtschaft halten zu können. Bereits nach vorne geprescht ist EZB-Vizepräsident Luis de Guindos: „Wir haben Spielraum und wir haben Munition“, sagte er der portugiesischen Zeitung „Publico“. Während am Markt kaum jemand damit rechnet, dass am Leitzins, der seit fünf Jahren auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegt, gerüttelt wird, räumen Experten einer Aufstockung des Anleihekaufprogramms PEPP eine höhere Wahrscheinlichkeit ein. Spannend wird zudem, ob die Euro-Wächter neue Wachstums- und Inflationsprognosen für das laufende Jahr veröffentlichen werden. (Quelle: Thomson Reuters, Medienbericht, 05.03.2021)
Wachstum im Reich der Mitte
China ist diesbezüglich schon einen Schritt weiter und erwartet ein Comeback seiner Wirtschaft in 2021. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt Pandemie-bedingt nur 2.3 Prozent im vergangenen Jahr betrug, geht Premierminister Li Keqiang für dieses Jahr wieder von einer Expansionsrate von mehr als sechs Prozent aus. Darüber hinaus plant die Führung in Peking eine Investitionsoffensive. So sollen in den kommenden fünf Jahren die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um jeweils mehr als sieben Prozent jährlich gesteigert werden. (Quelle: Handelsblatt, Medienbericht, 05.03.2021)
Wie es in Sachen Inflation im Reich der Mitte bestellt ist, wird sich am Mittwoch bei der Veröffentlichung der Erzeuger- und Verbraucherpreise für den Februar zeigen. Zuletzt kam es bei den Preisdaten zu unterschiedlichen Signalen. Während die Erzeugerpreise im Januar zum ersten Mal seit einem Jahr stiegen, gingen die Verbraucherpreise überraschend zurück. (Quelle: Börsenzeitung, Medienbericht, 10.02.2021)
Weitere wichtige Termine in dieser Woche sind die neuesten Angaben zu den Entwicklungen beim Bruttoinlandsprodukt für das vierte Quartal 2020 in Japan, der Eurozone sowie Grossbritannien. Hierzulande veröffentlicht das SECO seine neue Konjunkturprognose am Donnerstag. Bei ihrer letzten Einschätzung der Lage Mitte Dezember revidierte die Expertengruppe ihre BIP-Prognose für 2021 aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus von 3,8 auf 3,0 Prozent. (Quelle: SECO, Pressemitteilung, 11.12.2020)
BIP-Wachstum Schweiz
Quelle: SECO, Stand: 05.03.2021
*Bitte beachten Sie, dass vergangene Wertentwicklungen keine Indikationen für künftige Wertentwicklungen sind.
Wichtige Termine
Datum | Zeit | Land | Ereignis |
08.03.2021 | 07:45 | CH | Arbeitslosenquote |
08.03.2021 | 11:00 | GB | Rede von BoE Gouverneur Bailey |
09.03.2021 | 00:50 | JP | Bruttoinlandsprodukt |
09.03.2021 | 11:00 | EZ | Bruttoinlandsprodukt |
10.03.2021 | 02:30 | CN | Erzeugerpreisindex |
10.03.2021 | 02:30 | CN | Verbraucherpreisindex |
10.03.2021 | 13:30 | US | Verbraucherpreisindex |
10.03.2021 | 16:00 | CA | BoC Zinssatzentscheidung |
11.03.2021 | 07:45 | CH | SECO Wirtschaftsprognose |
11.03.2021 | 14:30 | US | Erstanträge Arbeitslosenunterstützung |
12.03.2021 | 08:00 | UK | Bruttoinlandsprodukt |
11.02.2021 | 11:00 | EZ | Industrieproduktion |
11.02.2021 | 16:00 | US | Reuters/Uni Michigan Verbrauchervertrauen |
Quelle: Thomson Reuters, Stand: 05.03.2021
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